PÄNG!SCHMUCKSTÜCK

Goldstücke

Die Kunst des Brötchenbackens liegt darin, dass sie keine ist. Das Einzige, was man braucht, sind Wasser, Mehl, Hefe, Salz und ein bisschen Zeit. Eine Ode an die perfekten Sonntagsbrötchen.

R E Z E P T Simone Uhl _ T E X T Josephine Sowah

Früher wäre Simone für gute Brötchen einfach zum nächstbesten Bäcker gegangen. Zu einem der ansässigen kleinen Bäckereien, die das Mehl noch anmischen und ihre Brötchen selber backen. Die gibt es – aber immer weniger. Gerade in größeren Städten gelten sie als Geheimtipp, fast mit Vintage-Charakter. Wer hingegen überall vertreten ist, sind große Bäckereiketten, die tiefgefrorene Teiglinge zum Aufbacken anbieten. Landei Simone backt ihre Brötchen lieber selber. Die Vorteile sind schnell aufgezählt, meint sie: »Die eigenen Brötchen sind lecker und schmecken. Man braucht nur Mehl, Wasser, Hefe und Salz, was es extrem günstig macht. Und: Man weiß, was für Zutaten drin sind.« »Wenn man die Zeit hat!«, werfe ich ein. »Im Sich-Zeit-Nehmen liegt die größte Motivations-Hürde, das stimmt. Aber wenn man es einmal ausprobiert hat«, wirft sie hinterher und gibt nicht auf, »erzählt mir jeder, der es ausprobiert hat, dass das Gefühl danach unschlagbar war.« Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Redet sie da über Sex im Pool oder über Brötchen? Ich bin gespannt, was sie meint. Also stürzen wir uns in die Arbeit. Simone braucht 3 Handgriffe in ihrer Küche und schon stehen alle nötigen Zutaten und Utensilien bereit. Zum ersten Mal erahne ich etwas von der Leidenschaft und der Bestimmtheit, die das Backen und alle dazu benötigten Prozesse in ihr auslösen. Warum sie mit dem Backen angefangen habe, will ich von ihr wissen. Sie denkt kurz nach. »Weil mir das Backen etwas Ursprüngliches im Alltag gibt«, antwortet sie. Aus ihrem Mund klingt das ehrlich und liebevoll. Sie liebt, was sie tut. Meine anfänglichen Bedenken, den ganzen Nachmittag lang Öko-Lifestyle-Tiraden zu hören, lösen sich in Luft auf. Hier geht um ehrliche, leckere Brötchen, hergestellt aus günstigen Zutaten. Ich entspanne und freu mich auf die restliche Backzeit. Die im Nu vorbeigeht. Geduld braucht man nur beim Kneten. »Bei den ersten Backversuchen kann man sich ruhig an die Zahlen des Rezeptes halten«, erzählt sie, »aber irgendwann spürt man selbst, wann der Teig gut ist.« Der Gedanke gefällt mir.

Erfinde deine eigenen Rezepte, backe deine eigenen Brötchen.

Nach der Ruhezeit portionieren wir den Teig in kleine Goldstücke und verteilen sie auf dem Backblech. 25 Minuten später holen wir die fertigen Brötchen schon aus dem Ofen. Und sie behält Recht. Während sie die Ofentür öffnet, kribbelt es in meinem Bauch wie vor einem ersten Date. Ich frage, was für sie das Schönste am Backen ist. »Wenn alle reinhauen und es ihnen schmeckt, ist das für mich ein unbezahlbarer Anblick.« Ich habe eine ungefähre Ahnung, was sie damit meint. Auf dem Weg zum Bahnhof wippen meinen ersten kleinen, noch ganz warmen, selbstgemachten Brötchen im Beutel hin und her. Der Zug fährt ein, mein Freund kommt raus, ich halte ihm stolz den Beutel unter die Nase und kann es kaum erwarten, sie morgen zum Frühstück zu präsentieren. Und der nächste Tag? Der Geschmack der Brötchen hat uns umgehauen. Und: Ich war vom Backen so extrem entspannt wie lang nicht mehr und dieses gute Gefühl hat sich ausgebreitet, was man eben nur dann empfindet, wenn man etwas selbst gemacht hat.

REZEPT (für 8 – 10 Brötchen)

ZUTATEN

500 g Mehl (je nach Belieben Weizen-, Vollkorn-, Dinkel-, oder Roggenmehl, z.B. halb Weizen, halb Roggen schmeckt super)300 ml Wasser (handwarm, es darf nicht zu heiß sein)
14 g frische Hefe von einem Würfel (= 1/3 von einem Würfel)
12 g Salz (= 2 Teelöffel)

ZUBEREITUNG

Hefe zerbröseln und im Wasser auflösen
Mehl, Salz und die aufgelöste Hefe in eine Schüssel zusammenführen und alles ordentlich zu einer homogenen Masse verkneten
Mehl auf eine Unterlage streuen und den Teig aus der Schüssel rausnehmen und auf dem Tisch weiter verarbeiten Jetzt wird Luft ins Innere reingeknetet: mit dem Handballen fest in den Teig reindrücken und den entstandenen Teiglappen nach innen umschlagen > Ziel ist es, Luftblasen einzuschließen
Das macht man eine ganze Weile – auf jeden Fall gute 7-10 min kneten, was das Zeug hält
Zum Schluss den Teig in die Hand nehmen und mit der Nahtseite nach unten zurück in die Schüssel legen
Mit einem Geschirrtuch abdecken, das vermeidet das Austrocknen
Eine Stunde ruhen lassen. Am besten an einem warmen Ort, z.B. auf dem Balkon in der Sonne. (Nicht mehr berühren! Schön zart damit umgehen!)
Ofen vorheizen (220 °C), kleine Schüssel mit Wasser auf den Ofenboden stellen
Nach der Wartezeit mit einem Teigschaber am Rand der Schüssel entlang fahren und den Teigklumpen im Ganzen zurück auf die Unterlage legen
Mit dem Teig eine Schlange formen und mit dem Teigschaber in 8 Teile portionieren
Nun die Teiglinge einzeln ganz zart nochmal falten und damit rund formen, die Naht mit Wasser versiegeln
Mit einem Messer ein Kreuz in die Oberfläche ritzen.

Dann die Brötchen auf der mittleren Schiene 25 Minuten bei 220 °C backen. Rausnehmen, fertig. Bon Appétit!

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